Fragen und Antworten zum GECKO Projekt

Die im Folgenden FAQs sind als Fragen in den Workshops enstanden und werden im Kontext der Tiefengeothermie beantwortet. Der Fokus liegt dabei auf den Möglichkeiten, die der Untergrund am Standort KIT – Campus Nord und den umliegenden Gemeinden bereitstellt.

Allgemeine Fragen

1. Was heißt Wärmewende?

Die Wärmewende ist als ein Teil der Energiewende zu verstehen. Die Energiewende  bezieht sich auf die Verringerung der fossilen Energieträger, wie Erdöl, Erdgas, Kohle, und des Kernenergieanteils in Deutschland zugunsten der erneuerbaren Energien. Zu den erneuerbaren Energien gehören insbesondere Energie aus Wind, Sonne, Biomasse, Wasserkraft sowie aus Erdwärme.

Der Begriff Wärmewende bezieht sich auf die Umstellung des Wärmesektors, d.h. das Heizen und Kühlen und die Warmwasserversorgung in privaten Haushalten, im Handel, Dienstleistungssektor und Gewerbe sowie die Bereitstellung von Prozesswärme und -kälte in der Industrie. Erneuerbare Wärmeträger wie Biomasse, Solarthermie und Geothermie können hierbei ergänzt werden durch eine Umwandlung von Strom („Power-to-Heat“) aus Photovoltaik und Wind oder die Nutzung in Form von Wärmepumpen.

2. Was verstehen Sie unter Interessengruppen? Sind auch kritische Gruppen eingeladen?

Mit Interessengruppen meinen wir alle Praxisakteure, das heißt sowohl Einzelpersonen (Bürger*innen) als auch Gruppen von Personen, wie Unternehmen, Verbände, NGOs, etc., die ein Interesse an dem Forschungsprojekt GECKO bzw. an dem geplanten Geothermie-Vorhaben am KIT Campus Nord haben könnten. Wir haben alle von uns identifizierten Praxisakteure eingeladen, also auch kritische Akteure wie beispielsweise Bürgerinitiativen, die sich gegen Geothermie aussprechen.

3. Welche Unternehmen sind in das Projekt GECKO eingebunden? Auch die Deutsche Erdwärme?

Es sind keine Unternehmen direkt in das Projekt GECKO direkt eingebunden. Allerdings erkundet das KIT gemeinsam mit der EnBW Energie Baden-Württemberg AG (kurz: EnBW) stufenweise die Möglichkeiten für eine sichere und nachhaltige Nutzung der Geothermie am KIT Campus Nord. Sie wird daher über die Ergebnisse informiert und nimmt als Gast an Sitzungen teil, die der Vorstellung der Projektfortschritte gegenüber dem Projektträger dienen.

4. Ist der Prozess der Beteiligung ergebnisoffen auch in dem Sinn, dass das Geothermie-Vorhaben abgelehnt werden kann?

Zur Erarbeitung des Umsetzungskonzepts werden Entwürfe für Szenarien entwickelt und in einem Szenarien-Workshop mit Praxisakteuren diskutiert. Diese basieren auf Kriterien, die im Kriterien-Workshop von den teilnehmenden Praxisakteuren genannt wurden. Hierbei kann auch ein mögliches Szenario diskutiert werden, in dem Geothermie keine Rolle spielt. In GECKO wird jedoch nicht über die Realisierung eines Szenarios oder den Bau der Anlage am KIT Campus Nord entschieden. Es gibt folglich keinen Automatismus zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem Projekt GECKO.

 

5. Was habe ich vom Projekt GECKO des KIT?

In GECKO wird am Beispiel einer möglichen Tiefengeothermienutzung für die Wärmeversorgung des KIT Campus Nord eine partizipative Ausgestaltung eines Umsetzungskonzeptes mit Mitarbeiter*innen des KIT sowie Stakeholdern und Bürger*innen (Praxisakteure) aus den umliegenden Gemeinden durchgeführt. GECKO erforscht, wie der partizipative Prozess in zukünftigen Tiefengeothermie-Projekten gestaltet werden kann. Das Projekt GECKO ermöglicht den Teilnehmer*innen in einer gemeinsamen Erarbeitung von Wissen beratenden Einfluss auf das Anlagen-Design und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen zu nehmen.

6. Warum ist GECKO ein Modellprojekt?

Die Politik in Baden-Württemberg setzte mit dem Umweltverwaltungsgesetz in 2011 einen Schwerpunkt auf der Information und Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Entwicklung "umweltrelevanter Vorhaben", also auch der Entwicklung von Energieinfrastrukturen. GECKO untersucht die Gelingensbedingungen für eine solche Partizipation der Bürger*innen. Es kann damit einen wichtigen Baustein für die zukünftige Gestaltung von Infrastrukturvorhaben darstellen.

7. Wieso werden wir eingebunden, ihr habt das Genehmigungsverfahren doch schon gestartet und das Projekt wird doch sowieso durchgeführt?

Bisher existiert eine bergrechtliche Aufsuchungserlaubnis für Erdwärme und Sole, die dem KIT gemeinsam mit der EnBW eine Erkundung des Untergrundes im Umfeld des KIT Campus Nord nach einem mit der Behörde abgestimmten Programm ermöglicht. Dieses Programm besteht aus den folgenden Schritten, in welches das im Projekt GECKO gemeinsam erarbeitete Wissen in das Anlagen-Design einfließen kann: Das KIT sieht eine schrittweise Erkundung bzw. Ausbau der Tiefengeothermie zur Wärmeversorgung mit saisonaler Speicherung vor. Nächster, noch nicht erfolgter Schritt ist die Beantragung eines bergrechtlichen Betriebsplanes zur Abteufung einer Erkundungs- und Testbohrung sowie einer Überwachungsbohrung in ca. 1‘300 m. Beide Bohrungen haben zum Ziel, die Möglichkeiten einer saisonalen Wärmespeicherung am Rand des ehemaligen Erdölfeldes Leopoldshafen bis 2027 wissenschaftlich zu untersuchen. Diese Untersuchungen erfordern gesonderte Betriebspläne, die jeweils von den Behörden geprüft werden. Basierend auf den Ergebnissen kann über eine dritte Bohrung ein Testbetrieb realisiert sowie eine Tiefengeothermieanlage mit der Speicherung kombiniert werden. Auch hierfür sind durch die Behörden genehmigte Betriebspläne notwendig. Das Projekt GECKO ermöglicht den Teilnehmer*innen einen Vorschlag für das Anlagen-Design der geplanten Tiefengeothermieanlage am KIT Campus Nord sowie die resultierenden Handlungsempfehlungen zu beeinflussen.

Verfahrensfragen und technische Fragen

1. Benötigen Sie für die Realisierung des Geothermie-Vorhabens die Zustimmung des Bergamtes?

Nach einer ersten Erkundungsphase, die bergrechtlich über eine sogenannte Aufsuchungserlaubnis geregelt ist, werden Tiefengeothermievorhaben bis zu ihrem Abschluss im Rahmen von Betriebsplänen behandelt. Ein Betriebsplan ist ein nach dem Bundesberggesetz (BBergG) angewandtes Verfahren zur Betriebsüberwachung. Für die Zulassung und Überwachung der Betriebspläne ist die Bergbehörde zuständig. Der Betreiber hat den Betriebsplan, dessen Verlängerung, Ergänzung oder Abänderung vor Beginn der vorgesehenen Arbeiten zur Zulassung einzureichen. Die Bergbehörde beteiligt andere Behörden, d.h. Träger öffentlicher Belange, sofern durch die in einem Betriebsplan vorgesehenen Maßnahmen deren Aufgabenbereich berührt wird. Die Zulassung eines Betriebsplanes ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des § 55 BBergG im Betriebsplan nachgewiesen sind. Die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen ist zulässig, wenn sie für den Unternehmer und für Einrichtungen der von ihm betriebenen Art wirtschaftlich vertretbar (Verhältnismäßigkeitsprinzip) und nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erfüllbar sind.

Dem KIT wurde zum 1.4.2019 gemeinsam mit der EnBW eine Aufsuchungserlaubnis für das Gebiet „KIT-Campus Nord“ für Erdwärme und Sole erteilt. Erste Schritte wie die Erstellung eines artenschutzrechtlichen und Natura2000 Gutachtens hinsichtlich der Realisierung zweier circa 1300 m tiefen Bohrungen zu wissenschaftlichen Zwecken (s. Projekt DeepStor) werden derzeit seitens des KIT unternommen.

2. Wie können Geothermieanlagen zur Wärmewende beitragen?

Heute genutzte Geothermieanlagen im Oberrheingraben umfassen Anlagen mit einer direkten Wärmenutzung für Gebäude (z.B. Riehen) und für industrielle Prozesse (z.B. Rittershoffen), einer kombinierten Nutzung von Strom und Wärme (z.B. Bruchsal) oder Anlagen zur reinen Stromgewinnung (z.B. Soultz-sous-Forêts). Beispielsweise werden im Wärmeverbund Riehen heute nach mehr als 25 Jahren Betrieb mehr als 4000 Haushalte in der Schweiz und Deutschland mit ca. 23 GWh Wärme pro Jahr versorgt.

Das Potenzial der Tiefengeothermie für die Wärmewende kann an zwei Werten aufgezeigt werden. Die im Untergrund gespeicherte Wärme, die oft an einem Gesteinsblock der Grösse von 1 km3 und dessen Abkühlung um 100 °C aufgezeigt wird, summiert sich auf ein Äquivalent von ca. 1‘000‘000‘000‘000 Liter Öl. Allerdings kann nur ein geringer Teil dieser Energie Für die Wärmewende genutzt werden, das sogenannte technische Potenzial richtet sich nach den natürlichen Durchlässigkeiten des Gesteins durch Poren oder Klüfte bzw. künstlich erweiterten oder technisch angelegte Klüfte. Typischerweise wird ein Faktor von 0.05 im Vergleich zur gespeicherten Wärme erreicht. Die Internationale Energieagentur IEA prognostizierte der Geothermie 2017 den zweitgrößten Beitrag zur weltweiten Wärmewende nach Biomasse- und Abfallnutzungstechnologien.

3. Kann Geothermie zur Stromerzeugung genutzt werden?

Prinzipiell kann Geothermie zur Stromerzeugung genutzt werden. Bei einer Fördertemperatur < 200 °C kommen dabei sogenannte Binärkreisläufe zum Einsatz. Dabei wird das Thermalwasser nicht direkt genutzt, sondern diesem über einen Wärmetauscher nur die Wärme entzogen. Die Wärme wird auf ein sogenanntes Arbeitsfluid übertragen, welches sich durch einen niedrigen Siedepunkt auszeichnet. In Organic Rankine Cycle oder Kalina Prozessen treibt der Dampf dieses Fluides eine Turbine an. Der Wirkungsgrad dieser Anlagen ist durch den Carnot-Faktor physikalisch beschränkt und liegt bei ca. 8-12%. Aufgrund dessen ist bei ausreichendem Wärmebedarf, wie beispielsweise am KIT - Campus Nord, eine Direktnutzung der geothermischen Wärme sinnvoll.